Untersuchung von Zerfällen H→ττ
Studien von Higgs-Boson-Zerfällen in τ-Leptonenpaare
Die Kopplung von Higgs-Bosonen an Fermionen ist proportional zu deren Masse. Daraus ergeben sich höhere Ereignisraten bei der Untersuchung schwererer Tochterteilchen, solange die Paarproduktions-Schwelle unterhalb der Masse der Higgs-Bosonen (ca. 125 GeV) liegt (s. Tabelle).
Erzeugungs-Wirkungsquerschnitt × Zerfallswahrscheinlichkeit [pb] | |
VBF H→ττ | 0.098 |
gg→H→ττ | 1.197 |
ττ gesamt | 1.385 |
VBF H→γγ | 0.004 |
gg→H→γγ | 0.044 |
γγ gesamt | 0.051 |
lνqq, l=e/µ gesamt | 1.436 |
Tab.: Berechnete Wirkungsquerschnitte für Signalereignisse. Zerfälle in ein Paar τ-Leptonen (fett gedruckt) liefern einen der führenden Beiträge. Der Erzeugungsprozess der Vektor-Bosonen-Fusion (VBF) trägt durch seine klare Detektor-Signatur maßgeblich zur Sensitivität bei (s.u.).
Leichte Leptonen (Elektronen und Myonen) lassen sich besonders gut von anderen Teilchen unterschieden, weswegen leptonische τ-Zerfälle (τ→eν bzw. τ→µν) trotz ihres geringen Verzweigungsverhältnisses von nur jeweils knapp 18% interessant sind. Zerfallen beide τ-Leptonen unter Aussendung von zwei bis vier Neutrinos, lässt sich die invariante Masse des Mutterteilchens nur näherungsweise bestimmen, weil nur die Summe der Neutrinoimpulse aus der unausgeglichenen Transversalimpuls-Bilanz des Ereignisses (aus dem fehlenden Transversalimpuls) ermittelt werden kann. Durch eine möglichst genaue Rekonstruktion der invarianten Masse der beiden τ-Leptonen lassen sich Higgs-Bosonen trotz der Gegenwart von Untergründen aus anderen Standard-Modell-Prozessen mit deutlich größeren Produktionsraten ausmachen. Dies gilt insbesondere für die Vektor-Bosonen-Fusion, für zusätzlich über eine besonders markante Detektor-Signatur mit zwei hochenergetischen Jets verfügt (s. Abbildung).
MMC Massenverteilung für H→ττ→ll+4ν Ereignisse (VBF-Kategorie) am Ende der Selektion. Das erwartete Signal ist in rot eingezeichnet (aus: ATLAS-CONF-2013-108).
Rekonstruktion eines möglichen VBF-Signalereignisses im ll-Endzustand in Kollisionsdaten. Zwei hochenergetische Jets (türkis), ein Myon (rot) und ein Elektron (blau) sowie fehlende transversale Energie (gestrichelte Linie) entsprechen der gesuchten Signatur (aus: ATLAS-CONF-2013-108).
Solche Ereignisse können zum einen verwendet werden, um das Verzweigungsverhältnis für H→ττ und somit die Kopplung an τ-Leptonen mit der Vorhersage des Standardmodells zu vergleichen. Zum anderen erlaubt die Untersuchung kinematischer Verteilungen (wie bei auch bei Zerfällen H→γγ), die CP-Quantenzahl des Higgs-Bosons zu bestimmen. Weiterhin kann nach Higgs-Zerfällen, die die Leptonenzahl verletzen (H→τe bzw. H→τµ) und somit einen Hinweis auf Physik jenseits des Standardmodells geben, gesucht werden.
Ereignisse mit leptonischen τ-Lepton-Zerfällen werden zunächst anhand ihrer kinematischen Eigenschaften kategorisiert. Für jede Ereignisklasse werden anschließend multivariate Analysemethoden (MVA) eingesetzt – hier Boosted Decision Trees – um eine optimale Trennung zwischen Signal- und Untergrund-Ereignissen zu erzielen, die die Sensitivität der Analyse maximiert (s. Abbildungen). Für den Fall des Nachweises von H→ττ-Zerfällen ist die Sensitivität durch die statistische Signifikanz des Signals in den Verteilungen der MVA-Ergebnisse gegeben.
Ergebnisse des Boosted Decision Tree für ll-Ereignisse in der VBF-Kategorie (aus: ATLAS-CONF-2013-108).
Ergebnisse der Boosted Decision Trees aller Kategorien. Die Abbildung zeigt die Bins aller Verteilungen, sortiert und gebinnt nach dem jeweils erwarteten Signal-zu-Untergrund-Verhältnis (aus: ATLAS-CONF-2013-108).
Die Signifikanz hängt bei wachsenden verfügbaren Datensätzen in wesentlichem Maße von den systematischen Unsicherheiten der theoretischen Vorhersagen der einzelnen Prozesse sowie der Kenntnis der Detektorantwort ab. Deshalb werden Untergründe – wenn möglich – mit Daten-basierten Methoden abgeschätzt. Dazu zählt die Embedding-Methode, die Z→ττ-Ereignisse aus einem Z→µµ-Datensatz abschätzt.
Aktuelle Beiträge unserer Gruppe:
- Weiterentwicklung und Validierung des Embedding-Prozesses für die Datennahme ab 2015
- Vorbereitung von Studien zur Bestimmung der CP-Quantenzahl in Ereignissen mit Vektor-Bosonen-Fusion oder Gluonen-Fusion
- Verfeinerung der Messung der τ-Yukawa-Kopplung mit künftigen Daten
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